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Gruppenfoto der Gäste der siebten Folge des LNDW-Podcasts zur Digitalisierung. Die Gruppe steht vor dem Supercomputer "Lise" im Zuse-Institut Berlin, von links: Prof. Uhlmann, Prof. Hofmann, Prof. Pokutta, Thomas Prinzler, Foto: rbb/Gundula Krause 2020

Von links: Prof. Uhlmann, Prof. Hofmann, Prof. Pokutta, Thomas Prinzler. Im Hintergrund: Supercomputer "Lise" im Zuse-Institut Berlin. Foto: rbb/Gundula Krause 2020

„Trendsetter Internet? Angstmacher KI? Folgen der Digitalisierung“ (7. Sendung der Reihe)

Gefährden Facebook & Co unsere Demokratie? Wie fair und gerecht können Algorithmen sein? Und bleibt der deutsche Mittelstand angesichts von Industrie 4.0 auf der Strecke? Diese und weitere Fragen zu den Folgen der Digitalisierung bespricht Thomas Prinzler mit seinen Gästen: Prof. Dr. Jeanette Hofmann vom Wissenschaftszentrum Berlin, Prof. Sebastian Pokutta vom Zuse-Institut Berlin sowie Prof. Dr. Eckart Uhlmann vom Fraunhofer IPK.

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Die Aufzeichnung des Podcasts erfolgte im Gedenken an Konrad Zuse und dessen 25. Todestag am 18. Dezember 2020 im Zuse-Institut Berlin (ZIB). Das Gruppenfoto (oben) entstand vor dem Supercomputer "Lise", benannt nach Lise Meitner. Der Computer umfasst 1270 Rechenknoten mit insgesamt 121.920 Rechenkernen.

 

Prof. Dr. Jeannette Hofmann im Gespräch bei der Aufnahme des LNDW-Podcasts im Zuse-Institut Berlin, Foto: rbb/Gundula Krause 2020
Prof. Dr. Jeanette Hofmann Foto: rbb/Gundula Krause 2020

"Das Internet hilft uns zu sehen, wie viele Nicht-Demokraten es gibt"

Die Politikwissenschaftlerin Prof Dr. Jeanette Hofmann, Leiterin der Forschungsgruppe „Politik der Digitalisierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professorin für Internetpolitik an der Freien Universität Berlin, forscht zu Themen wie Global Governance, Regulierung des Internets und Digitaler Wandel. Im Podcast spricht Thomas Prinzler mit ihr vor allem über die "Mediatisierte Demokratie in Zeiten der Digitalisierung" (so der Titel eines ihrer Aufsätze). Demnach werde der Demokratie meist eine passive Rolle und der Digitalisierung eine aktive Rolle zugeschrieben. Tatsächlich sei Technik aber keine "eigengesetzliche Angelegenheit. Gerade die digitale Technik ist so flexibel, dass wir ihr immer einen Stempel aufdrücken und sagen können: So wünschen wir uns das und so wünschen wir uns das nicht." Viele Probleme würden auf die digitale Technik projiziert, obwohl sie da gar nicht hingehörten.

"Ja, wir haben ein Demokratieproblem, aber die Technik spiegelt das wider, sie verursacht das nicht," sagt Prof. Hofmann: "Allerdings muss man auch sagen, dass Empfehlungsalgorithmen oft so eine Art fütternde Wirkung haben. Diejenigen, die nach Skandalen suchen, bekommen diese jetzt auch viel häufiger vorgesetzt." Sie sieht daher derzeit auch Gefährdungen der Demokratie, "aber ich denke nicht, dass wir das den digitalen Medien in die Schuhe schieben können."

Prof. Dr. Sebastian Pokutta im Gespräch bei der Aufnahme des LNDW-Podcasts im Zuse-Institut Berlin, Foto: rbb/Gundula Krause 2020
Prof. Dr. Sebastian Pokutta, Foto: rbb/Gundula Krause 2020

"Der Umgang mit der Digitalisierung ist auch immer eine Frage des Mindsets"

Prof. Dr. Sebastian Pokutta ist Vizepräsident des Zuse Instituts Berlin (ZIB) und Professor für Mathematik an der TU Berlin mit dem Forschungsschwerpunkt Künstliche Intelligenz und Optimierung. Angesprochen auf die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass Algorithmen faire Einscheidungen treffen, antwortet er: "Algorithmen selbst können nicht fair oder unfair sein. Das sind Nullen und Einsen. Die Frage der Fairness kommt erst mit dem Nutzer bzw. Designer ins Spiel: Wurden die Daten fair ausgewählt? Habe ich alle Kategorien von geschützten Personen fair in meinen Daten abgebildet?"

Algorithmische Intelligenz ist für Prof. Pokutta in erster Linie daher ein Werzeug, das wir nutzen können. "Die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, sind die, die die Nutzer damit schaffen. Jedes Werkzeug kann ge- oder missbraucht werden, das ist bei algorithmischer Intelligenz wie bei anderen Werkzeugen. Was hier jedoch hinzukommt, ist das Potenzial." In der Vergangenheit habe man es häufig mit Entscheidungen tun gehabt, die von einzelnen Personen getroffen wurden. "Jetzt habe ich Künstliche Intelligenz, die über viele Menschen homogen entscheidet und damit sehr viel mehr Einfluss nimmt mit einer Entscheidung." Man müsse bei der Frage, wie fair oder unfair Algorithmen sind, immer klar trennen, was mache der Algorithmus und was die Person bzw. der Programmierer der jeweiligen Anwendung. Fairness und ethische Fragen seien daher immer erst einmal außerhalb der Technik zu verstehen und zu klären.

Pokutta zitiert im Podcast einen Kollegen aus den USA, der ihm einmal sagte: "Wenn ich über ein System von Künstlicher Intelligenz spreche und in diesem Satz das Wort „Künstliche Intelligenz“ durch das Wort „Gott“ ersetze und sich die Bedeutung des Satzes nicht ändert, dann haben wir ein Problem." Letztlich sei der Umgang mit und das Vertrauen in Digitalisierung aber immer auch eine Frage des Mindsets: "Habe ich ein Mindset der Möglichkeiten oder habe ich ein Mindset der Angst, das mich erst einmal über die Risiken nachdenken lässt."

 

Prof. Dr. Eckhart Uhlmann im Gespräch bei der Aufnahme des LNDW-Podcasts im Zuse-Institut Berlin, Foto: rbb/Gundula Krause 2020
Prof. Dr. Eckhart Uhlmann, Foto: rbb/Gundula Krause 2020

"Digitalisierung ist in unterschiedlichen Bereichen ein Enabler − ein Hilfsmittel, um effizienter zu werden"

Prof Dr. Eckart Uhlmann ist Produktionswissenschaftler und Leiter des Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in Berlin und Sprecher des Leistungszentrums „Digitale Vernetzung“. Der Experte für digitale Vernetzung geht davon aus, dass Unternehmen jeder Größe – vom Start-up bis zum Großkonzern auf digitale Technologien wie das Internet der Dinge und Industrie 4.0 angewiesen sind, um künftig im Wettbewerb bestehen zu können. Die Digitalisierung sei ein Enabler in unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft und "ein Hilfsmittel, um effizienter zu werden. Zudem werden wir auch individueller sein müssen und mehr auf Kundenwünsche eingehen. Auch dabei hilft die Digitalisierung."

Das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik unterstützt insbesondere kleine und mittlere Betriebe bei der Digitalisierung. "Wir haben einen „Berliner Koffer für Industrie 4.0“ entwickelt, der einen Baukasten für die digital integrierte Produktion enthält. Darin gibt es Bausteine wie Sensoriken, Aktoriken oder Softwarekonzepte, mit denen wir ganz schnell in den Unternehmen erproben können, was macht Sinn und was nicht. Das ist insbesondere hier im Raum Berlin-Brandenburg wichtig, da wir hier viel kleine und mittlere Unternehmen haben. Durch die Digitalisierung können sich diese so miteinander vernetzen, dass sie zu Systemlieferanten werden und sich so auch großen Unternehmen als Zulieferer anbieten."

Die nächste industrielle Revolution, führt Uhlmann weiter aus, werde von neuen Geschäftsmodellen ausgehen. "Wir werden beispielsweise davon weggehen, Produkte zu verkaufen und stattdessen den Nutzen der Produkte oder deren Verfügbarkeit verkaufen. Das gilt auch für so traditionelle Geschäftsbereiche wie den Maschinenbau. Das verändert auch die Anforderungen an Maschinen, die dürfen dann nicht mehr ausfallen, sondern müssen ständig laufen."

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